06.11.2020 | Fahrradfahren ohne Helm – Kein Mitverschulden an den Verletzungen

Eine Fahrradfahrerin wird von einem rechtsabbiegenden Autofahrer schwer verletzt. Unter anderem erleidet sie eine Schädelfraktur. Da sie bei dem Unfall keinen Helm trägt, meint der Haftpflichtversicherer des Autofahrers, sie trage an den Verletzungen eine Mitschuld. Daher sei das Schmerzensgeld zu kürzen.

Hiergegen ging die Fahrradfahrerin gerichtlich vor. Das OLG Nürnberg verneinte in seinem Urteil vom 28.08.2020, Az. 13 U 1187/20, ein Mitverschulden der Fahrradfahrerin.

Der Bundesgerichtshof hatte bereits in seinem Urteil vom 17.06 2014, Az. VI ZR 281/13, entschieden, dass jedenfalls bis zum Jahr 2011 grundsätzlich kein Mitverschulden begründet sei, wenn ein Radfahrer bei einem Unfall keinen Helm trage. Andernfalls müsste bei jeder Tätigkeit mit ähnlichem oder höherem Kopfverletzungsrisiko ein Mitverschulden bejaht werden, wenn der durch einen Sturz Geschädigte keinen Helm getragen hätte. Dies würde dann beispielsweise auch für das Besteigen von Haushaltsleitern gelten.

Anlass für die Annahme eines Mitverschuldens durch das Nichttragen eines Schutzhelms kann nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nur dann vorliegen, wenn zum Unfallzeitpunkt nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein das Tragen eines Helms beim Fahrradfahren zum eigenen Schutz erforderlich ist

In einer neueren Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg besteht ein derartiges allgemeines Verkehrsbewusstsein weiterhin nicht. Nach wie vor nutze die bei weitem überwiegende Mehrheit (rund 80 %) der erwachsenen Bevölkerung keinen Helm beim Fahrradfahren.